Die wenigsten zukünftigen Eltern haben schon einmal etwas von der lebensbedrohlichsten Erkrankung in der Schwangerschaft gehört: dem HELLP-Syndrom. Wie ihr es erkennt und wie ihr euch dann verhalten solltet, lest ist hier:
1982 wurde der Begriff HELLP-Syndrom durch Dr. Luis Weinstein geprägt. Bis dahin hielt man das HELLP-Syndrom für die schwerwiegendste Form der Gestose/Präeklampsie. Durch die rasant voranschreitende Forschung in der Medizin ist nun aber bekannt, dass das HELLP-Syndrom auch „allein“ auftreten kann und nicht die Folge einer Gestose/Präeklampsie sein muss.
Das HELLP-Syndrom ist eine lebensgefährliche Schwangerschaftsvergiftung, die auch auf das ungeborene Kind übergehen kann. Innerhalb kürzester Zeit kommt es zum Zerfall der Blutzellen, die Leberwerte erhöhen sich extrem und die Thrombozyten-Zahl nimmt bedenklich ab, was die Blutgerinnung immer schwieriger werden lässt.
Symptome:
Typische Magen-Darm-Grippe-Symptome (Erbrechen, Übelkeit & Durchfall) können auch ein Anzeichen für das HELLP-Syndrom sein. Dazu kommen Schmerzen im rechten Oberbauch, wo sich die Leber befindet oder auch im Rücken und im Bereich der Nieren. Ein hinzu kommender, plötzlicher Hautausschlag sowie sehr hoher Blutdruck könnte ebenfalls auf die lebensbedrohliche Schwangerschaftsvergiftung hindeuten.
Setzen HELLP-Syndrom-Symptome ein, darf man absolut keine Zeit mehr verlieren, um das Leben von Mutter und Kind zu erhalten, denn es kann innerhalb 1 Stunde seinen Höhepunkt erreichen. Schnelles Handeln und das Veranlassen von Blutlabor-Untersuchungen geben Aufschluss darüber, ob man „nur“ eine Magen-Darm-Grippe hat oder die seltene Schwangerschaftsvergiftung erleidet. Statistisch gesehen geschieht das HELLP-Syndrom bei jeder 150 – 300 Schwangerschaft.
Das Entbinden des Kindes per Notkaiserschnitt ist leider so bald wie möglich notwendig, um es vor der Vergiftung, die auf das Ungeborene übergehen kann zu schützen, doch leider hält dies den Verlauf der Vergiftung nicht auf. Der Krankheitsverlauf zieht sich über 3-4 Tage und hat seinen Höhepunkt (nach einer sofortigen Entbindung) meist erst am 2. Tag. Die Patientin wird daher nonstop auf der Intensivstation überwacht, um ihr ggf. nötige Medikamente etc. zum Stabilisieren ihres Zustandes verabreichen zu können.
Sind die „bio-chemischen“ Prozesse im Körper bereits losgetreten und die Frau entbindet gerade ihr Kind, kann das HELLP-Syndrom auch nach der natürlichen Geburt noch seinen Verlauf nehmen. Dies geschieht in 30 % der HELLP-Syndrom-Fällen. Die Anlage zu dieser Art von Erkrankung kann bereits genetisch vorprogrammiert sein, weshalb man zu Beginn der Schwangerschaft alle Fragen des Gynäkologen gewissenhaft beantworten und ggf. in der Familie Erkundigungen einholen sollte. Die Fließfähigkeit des Blutes und das Zusammenwirken der Hormone werden für das Auftreten des HELLP-Syndroms verantwortlich gemacht. Stellt der Arzt bei den anfänglichen Untersuchungen in der Schwangerschaft mögliche Anzeichen fest, wird die Patientin mit Blutverdünnungsmittel behandelt und sehr engmaschig überwacht.
So plötzlich wie die Vergiftung auftrat, ist sie auch nach ca. 4 Tagen wieder vergangen. Viele Frauen leiden in Folge des „Traumas“ an einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses und sollten so bald wie möglich beginnen, professionelle, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wie dies bei fast allen Patienten, die sich in einer traumatischen, lebensbedrohlichen Situation befanden, der Fall ist. Auch Angst- und Panikattacken sind bekannte Spätfolgen und dürfen nicht unbehandelt bleiben.
Ich schreibe diesen Artikel nicht, um Schwangeren Angst zu machen, und ich hoffe sehr, dass ihr Leser jetzt nicht bei jedem Magen-Grummeln an das HELLP-Syndrom denkt. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass Aufklärung wichtig ist, und möchte, dass ihr immer daran denkt, dass auch Ärzte nicht sofort an das lebensbedrohliche HELLP-Syndrom denken, wenn eine Schwangere mit Magen-Darm-Grippe-Symptomen ihre Praxis betreten. Dennoch zählt hier wirklich jede Minute!
Ihr werdet spüren, wenn etwas nicht stimmt, und dann solltet ihr wissen, dass es evtl. das (noch immer so unbekannte) HELLP-Syndrom sein könnte und wie ihr euch verhalten solltet, nämlich umgehend zu eurem Arzt oder gleich in die Klinik, um euer Blut untersuchen zu lassen und sicher zu gehen, dass es auch eurem Baby gut geht, und man alles tun wird, um auch die Gesundheit der Mutter wiederherzustellen.
Für mehr Informationen zu diesem wichtigen Thema empfehle ich euch die Internetseite: „Gestose-Frauen e.V.“
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