In letzter Zeit wurde ich auffällig häufig gefragt, wie ich das nur schaffe, trotz Kind arbeiten zu gehen. Ohne überhaupt meine Antwort abgewartet zu haben, wurde ich dann auch schon mit dieser eigenartigen Mischung aus Bedauern und Bewunderung bedacht, die mich jedes Mal ein wenig unsicher macht. Sehe ich etwa gestresst aus? Eigentlich bin ich sehr zufrieden mit mir. Ist an meinem Verhalten etwas anders, als an dem der Nicht-Arbeitenden-Mamis?
Im Nachhinein bin ich sehr gespalten, was diese Entscheidung anbelangt. Natürlich war es genau das Richtige für meine Karriere, denn nun habe ich wieder meine festen Klassen und verdiene gut. Aber das alles war/ist auch unglaublich stressig. Es gibt Tage der vollkommenen Erschöpfung und Überlastung, an denen ich aufrichtig bereue, „so früh“ wieder arbeiten gegangen zu sein. An denen ich mir wünschte, drei volle Jahre mit Babykeks zu Hause gewesen zu sein und mir keinen zusätzlichen Stress verursacht zu haben. Nun lässt es sich sowieso nicht mehr rückgängig machen und ich bin sehr froh, dass ich trotz meiner Arbeit nicht das Gefühl habe, meinen süßen Sohn, in irgendeiner Weise vernachlässigt zu haben. Er ist wirklich immer Priorität Nummer eins und ich habe das Glück, dass meine Arbeitgeber dafür Verständnis aufbringen.
Was aber antworte ich den „Zu-Hause-Mamis“, die sich erst jetzt ihre Gedanken darüber machen müssen, wie es im nächsten Jahr laufen wird, wenn ihre Kleinen in den Kindergarten kommen?
Kind und Karriere bedeutet für mich Zeitmangel! Zu wenig Zeit für mich selbst, zu wenig Zeit, um meine Arbeit vorzubereiten, zu wenig Zeit, um gemütlich alles das zu tun, was ich mit meinem Kind gerne tun würde, denn es gibt immer die Verpflichtung und den Termindruck, der mein Handeln fest im Griff hat. An einem Morgen spontan einen Ausflug zu machen, obwohl ich am Nachmittag unterrichte, ist zu riskant. Zu viele Faktoren könnten schief gehen und ich würde nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen. Wenn Babykeks keinen oder einen viel zu kurzen Mittagsschlaf gehalten hat, komme ich auch wieder in die Bredouille, denn dann fehlt mir die Zeit, meinen Unterricht vorzubereiten. Mein Haushalt ist eine Gelegenheits-Sache geworden. Immer wenn ich etwas Luft habe, wird an einer der vielen Baustellen geputzt und aufgeräumt. Wenn mein Liebster dann mit Babykeks einmal alleine weg ist, nutze ich diese Zeit meistens nicht für mich, sondern mache Klar-Schiff zu Hause.
Das hört sich vielleicht übel an, aber man gewöhnt sich daran. Telefonate mit Freunden werden nur noch getätigt, wenn ich dabei z.B. den Spüler ausräumen kann oder Wäsche mache. Genickschmerzen nehme ich dann gerne in Kauf, um mal wieder auf den neuesten Stand gebracht zu werden.
Ich habe mir in den zwei Jahren Muttersein einen gut funktionierenden Schalter zugelegt. Ich betätige ihn immer dann, wenn ich mit Babykeks gemütlich spiele und eigentlich die Küche machen oder Arbeit vorbereiten müsste.
Mein Mann versteht, dass unser Zuhause nicht mehr das blitzblanke Vorzeige-Heim sein kann, das es vor Babykeks Geburt einmal gewesen war, und hilft mir, wo immer er kann. Dank meiner vielen Jahre Berufserfahrung schüttle ich mir häufig etwas aus den Ärmeln, wenn ich Unterricht gebe und keine Zeit für eine detaillierte Vorbereitung hatte. Das alles funktioniert und es funktioniert gut, weil ich für mich verstanden habe, dass es eben die einzige Art ist, wie ich es schaffen kann.
Man wächst mit den Herausforderungen, davon bin ich absolut überzeugt. Und auch wenn man jetzt bedenkt, wie „unbequem“ das Leben mit Kind doch plötzlich geworden ist, so gibt es niemals eine Garantie, dass es ohne diese wundervollen kleinen Wesen nicht viel schlechter/unerfüllter hätte werden können.
Ich beschwere mich, wenn mir manchmal alles zu viel wird und mir über den Kopf zu wachsen droht, und das ist in Ordnung, denn ginge es um meinen Job, würde mir jeder zuhören und zustimmend nicken, aber wenn man sich darüber beschwert, wie stressig das Leben mit Kind sein kann, schaut man plötzlich in ungläubige Gesichter. Wie kann eine Mutter so etwas nur sagen, schließlich wollte sie ja dieses Kind…
Und dies ist nun meine Antwort auf die Frage, wie ich das schaffe: Ich schaffe es, weil ich es schaffen will! Alles im Leben hat schwere und einfache Phasen und manchmal würde ich mir wünschen, auch für die Phase „Erziehung“ ein wenig Lob zu bekommen und dass in dieser Sache nicht alles als so selbstverständlich abgetan werden würde.
Ich liebe mein Kind, aber ich hänge auch an meinem Job. Ich schaffe es beides zu vereinen. Manchmal weniger harmonisch, als ich es mir wünschen würde, aber die schöne Zeit überwiegt den Stress doch allemal… und solange mein „Schalter“ so einwandfrei funktioniert, ist alles gut 🙂
Ganz genau – du bringst es auf den Punkt! Man schafft es, weil man es schaffen will. Hätte mir vor der Schwangerschaft jemand aufgeschrieben, wie ein Arbeitsalltag mit Kind zeitlich aussieht, ich hätte nicht geglaubt, dass man das schaffen kann…aber es geht so vieles wenn man will 🙂 schön geschrieben!
Danke Viv!
Du hast absolut Recht – “wo ein Wille ist, ist auch ein Weg” – schließlich sagt man das ja nicht ohne Grund 😉
Liebe tanzende Mama,
ein wunderbares Fundstück. Ich bin gerade irgendwie (wie immer im www) über mehrere Umwege und Klicks auf deinem Beitrag gelandet.
Ich habe mal irgendwo ein Zitat aufgeschnappt: “Du kannst Kinder und Karriere nicht wirklich vereinbaren, aber du kannst sie addieren und das Beste aus der Summe mitnehmen.”
Hallo Sophie,
ein gutes Zitat – sehr passend 🙂
Schön das du Babykeks und mich gefunden hast. Wir würden uns freuen, dich öfter hier in unserer Ecke des Internets begrüßen zu dürfen.
Schönen Tag noch.
Ciao Sabrina
Ich finde es auch Schade, wie du schon sagst, mit dieser Mischung aus Bewunderung und Mitleid konfrontiert zu werden, wenn man den Wunsch äußert nebenbei arbeiten gehen zu wollen. Ich finde, eine glückliche Mutter, die gerne arbeiten geht und ihren Kindern etwas bieten kann, zehnmal besser als eine Frau die ihren eigenen Wünschen nicht nach geht und deshalb unglücklich wird!
Dein Bericht tat grad ganz gut zu lesen, da ich selber im Moment mal wieder in einer Art “Sinnkrise” stecke, ob arbeiten gehen nach 1 Jahr schon so sinnvoll war. Wie du sagst, man kann es nicht rückgängig machen und manchmal ärger ich mich, dass ich nicht mind. 2 Jahre daheim geblieben bin.
Vieles muss sie in der Kita/KiGa erleben – das, was ich mit ihr hätte machen könnnen, wenn ich zu Hause gewesen wäre. Dabei ist mein Job nicht mal der Tollste überhaupt und oft genug ärgere ich mich über Kollegen und andere Missstände, dass ich es wahrlich bereue wieder angefangen zu haben.
Aber ich weiß, dass es mir gut getan hat wieder einen geregelten Tag zu haben und auch mal Zeit ohne meine Tochter.
Ich bekomme auch meist bemitleidenswerte Blicke, wenn ich erzähle das die Kleine schon seit 1 Jahr in Fremdbetreuung ist. Geschadet hats ihr aber bisher nicht 😉
Hi Ela,
ich freue mich, dass mein Artikel dir gefallen hat und ich glaube, dass du genau die richtige Entscheidung für dich und deine Familie getroffen hast. Ich bin sicher, dass es auch immer Höhen und Tiefen gegeben hätte, wenn du nicht “schon” arbeiten gegangen wärst und leider geht es auch “Zuhause-Mamis” so, dass ihre Kleinen manche neuen Dinge vielleicht gerade bei Oma etc. das erste Mal machen. Den perfekten Weg gibt es gar nicht, aber man kann sich seinen eigenen Weg so gut wie möglich gestallten. Viel Erfolg dabei.
LG
Sabrina