Kürzlich habe ich durch Zufall einen Artikel (Autor war anonym, darum keine Angabe) gelesen, der von einem (unglücklichen) Papa verfasst wurde. Er gab darin zu, dass er sich sehr danach sehnte, von seinen Kindern beim Nach-Hause-Kommen strahlend und freudig begrüßt zu werden. Stattdessen blickten sie nicht mal von ihrem Spiel auf und er begann letztendlich Geschenke zu kaufen, damit er so euphorisch begrüßt und erwartet wurde wie „die Mama“.
Dass dies nicht „gesund“ ist, gestand er sofort ein, und obwohl ihm bewusst ist, dass dies nicht der richtige Weg ist, konnte er nicht damit aufhören, denn das Leuchten in den Augen seiner Kinder wollte er nicht wieder vermissen, wenn er von einem langen Arbeitstag nach Hause kam.
Als ich dies las, war ich einen Moment völlig verwirrt. Wenn der Liebste nach Hause kommt, bin ich es nämlich, die einen leichten Stich der Eifersucht spürt, denn die Kinder freuen sich über alle Maßen und nehmen ihren Papa sofort in Beschlag. Hin und wieder tut er mir regelrecht leid, denn manchmal kommt er nicht mal dazu, seine Schuhe auszuziehen, bevor er sich auch schon wieder spielend auf dem Boden mit den Jungs wiederfindet.
Liebe erkaufen
Wie kann es also sein, dass dem einen Papa so viel Liebe und Freude deutlich entgegengebracht wird und der andere, sich trotz größter Mühen diese Aufmerksamkeit teuer erkaufen muss? Spontan frage ich mich, ob vielleicht die Art, wie Papa mit den Kids im Alltag umgeht, darauf Einfluss hat? Oder hat es eher etwas mit dem Charakter der Kinder zu tun? Aber wie erklärt man sich solches Verhalten, wenn beide Papas stets viel für ihre Kinder da sind und eine tolle Zeit mit ihnen verbringen? Wird ein Wochenend-Papa mehr ersehnt, weil er so sehr vermisst wird oder wird er mit Nichtachtung bestraft, weil er nicht da war?
Der Verfasser, der sich die Freude der Kinder erkaufen musste, tat mir richtig leid beim Lesen. Er gab sich so viel Mühe und konnte letztendlich nur durch materielle Anschaffungen sein Ziel erreichen. Wie sich das anfühlt, möchte ich gar nicht wirklich erfahren müssen. Mein zweiter Gedanke war: Wie kommt er wieder aus dieser Nummer raus? Wird er sich in den finanziellen Ruin stürzen, um „geliebt“ zu werden, oder werden die Kinder ihn auch dann begrüßen, wenn er aufhört, Geschenke dabei zu haben?
Bestechung ist auf Sand gebaut
Dieses Beispiel lässt sich auf so Vieles im Eltern-Dasein übertragen. Vor einiger Zeit stand ich selbst vor einem pädagogischen Problem und ließ mich von diversen Vorschlägen, die ich im Netz fand, einlullen. Mein Plan sah vor, ein Belohnungssystem einzuführen, um endlich mein Ziel zu erreichen und die Jungs damit „auf den richtigen Weg“ zu lenken.
Der Liebste war regelrecht entsetzt, als ich ihm davon erzählte, und sprach ein deutliches Veto aus. Zu Anfang verletzte mich das. Da hatte ich endlich etwas gefunden, das funktionieren könnte und uns allen das Leben bestimmt vereinfachte und dann schoss der Papa doch tatsächlich quer. Ich war sauer und so richtig sauer wurde ich, als bei mir der Groschen fiel und ich zu verstehen begann, dass dieses Belohnungssystem auch nur eine Art der Bestechung war. Du bekommst DAS, WENN du DIES TUST. Ach und es hatte sich so gut angehört, bevor ich darüber nachgedacht hatte.
Letztendlich gibt es in der Babykeks-Familie kein Belohnungssystem und ich habe wieder etwas über mich, aber auch über den Liebsten gelernt.
Der gute Bulle
Häufig sehe ich mich als der sprichwörtliche „Böse Bulle“ in Sachen Erziehung, denn ich bin stets vor Ort und muss „einschreiten“ und maßregeln, während der Liebste abends nach Hause kommt und strahlend begrüßt wird und sofort spielen darf/muss. Das zu akzeptieren, fällt mir oft schwer, und ich muss mich selbst ermahnen, nicht irrational zu werden. Aber eigentlich stimmt das alles so gar nicht. Der Liebste ist ebenfalls maßgeblich an der Erziehung unserer Kinder beteiligt und auch wenn es sich für mich anfühlt, als wäre ich immer „die Böse“, so übernimmt er doch häufig auch den anstrengenden und weniger gemochten Part. Nur macht er dies so geschickt, dass mir manchmal vor Staunen die Augenbrauen ehrfürchtig Richtung Haaransatz gleiten.
Ja, das könnte jetzt an meiner Mutter-Ehre kratzen, aber eigentlich profitiere ich von seinem Talent. Wo ich am Anfang pampig abgezogen bin, bleibe ich nun dabei und lerne. Zwar habe ich nach wie vor meinen eigenen Stil, aber ich nehme auf und picke mir die Rosinen aus dem Erziehungskuchen. Und siehe da – kürzlich war ich der „Gute Bulle“.
Einigkeit in Erziehungsfragen
Wir sind ein tolles Erziehungs-Team und vielleicht liegt genau darin der springende Punkt. Unsere Kinder wissen sehr wohl, welche Knöpfe sie bei wem drücken müssen, und wenn wir nicht aufpassen, erreichen sie ihre Ziele. Aber da Mama und Papa für gewöhnlich gut zusammenarbeiten, gelingt ihnen das immer seltener. Übrigens werde ich auch strahlend begrüßt, wenn ich von der Arbeit komme. Das tut richtig gut, das vergesse ich nur manchmal, wenn ich die Freudenschreie unserer Jungs höre, sobald sich am Abend der Schlüssel im Schloss dreht.
Mittlerweile freue ich mich von Herzen, wenn ich unsere Jungs glücklich sehe und höre, egal aus welchem Grund. Das musste ich aber tatsächlich erst lernen.
Welch ein Glück, das der Lernprozess niemals stillsteht, ganz egal, wie alt du bist. Auch wenn Lernen (durch Fehler) frustrierend ist, so führt es uns doch zu einem wunderbaren Ziel und nur darauf kommt es an.
Was habt ihr zuletzt in Sachen Kinder-Erziehung gelernt? Erhellt uns 😉
Eure Sabrina
Liebe Sabrina,
was für ein schöner, ehrlicher Artikel 🙂
Ich finde es gut, dass ihr das Belohnungssystem dann letzten Endes doch nicht eingeführt habt, denn Kinder brauchen ein Gefühl von unkonditioneller Liebe, was Bestechung eben nicht ausdrückt.
Es freut mich, dass ihr so ein tolles Team seid und eure Kinder euch so offen zeigen, wie sehr sie euch lieb haben.
Alles gute weiterhin für dich und deine tolle Familie
Ganz liebe Grüße
Marina von ideas4parents
Hallo Marina,
vielen Dank für Deine lieben Worte <3
Ganz herzlichen Gruß
Sabrina