Als ich Babykeks geboren hatte, gab es da diese lange, lange Phase des Schlafanzugs… Ich stillte mein Söhnchen alle drei bis vier Stunden und kein Kleidungsstück, das ich besaß, war so komfortabel dafür geeignet wie meine geliebten Schlafanzüge. Gerade in den ersten Wochen nach der Geburt verließ ich unser schützendes Heim recht selten. Ich hatte mit meinen Geburtsverletzungen zu kämpfen und dem allesverändernden Umstand, plötzlich ein Baby zu haben. Denn sind wir ehrlich, beim ersten Kind weiß man auch nach neun Monaten intensivster Beschäftigung und Baby-Vorbereitungs-Lektüre nicht wirklich, was einen erwartet. Aber keine Angst, das gilt im negativen als auch im positivsten Sinne. Während ich also in meine Mutterrolle hineinwuchs, trug ich am liebsten meine Schlafanzüge.
Ich weiß noch, dass ich mir zu Anfang richtig rebellisch vorkam, den ganzen Tag darin herumzulaufen, und ich genoss das weiche Gefühl auf der Haut und den vertrauten Geruch unseres Waschmittels. Es half mir, mich zu Hause zu fühlen, in dieser gänzlich neuen Situation. Viel später erst erfuhr ich von anderen Müttern, dass sie genau das Gleiche getan hatten: Nämlich einfach den Tag im Schlafanzug verbringen, stillen, essen, stillen, wickeln, stillen, kuscheln, stillen, bewundern, stillen… irgendwie verschwimmt der Tag/Nacht-Rhythmus sowieso in der ersten Zeit mit Baby und so fand ich den Umstand, immer einen Schlafanzug zu tragen, gar nicht so absonderlich. Mein Liebster äußerte sich zu dieser Sache wohlweislich nicht. Anscheinend entwickeln unsere Männer einen siebten Sinn, was die Do’s & Dont’s bei einer Wöchnerin angeht und das ist auch gut so.
Aber irgendwann wurde mein ach so geliebter Schlafanzug zu einem Gefängnis. Er war plötzlich das Symbol meiner Pflichten geworden, die mich zu erdrücken drohten. Der Schlafanzug isolierte mich und von einem Tag auf den anderen war diese Isolation, das Alleinsein mit meinem Baby plötzlich nicht mehr so wundervoll, als wie ich es die ganze Zeit empfunden hatte, sondern engte mich ein.
Ich weiß nicht mehr genau, wann ich mich morgens wieder „richtig“ anzog (auch wenn ich nicht das Haus verließ), aber ich weiß noch, wie gut es sich angefühlt hat, wieder „normal“ zu sein. Seither habe ich mich seltsamerweise stets verändert/weiterentwickelt, was Mode und Kleidung anbelangt.
Früher war es mir relativ egal, was ich trug, Hauptsache es war bequem und zweckdienlich und dank meiner von der Natur geschenkten Figur hatte ich niemals Probleme. Mir passte immer alles in S von der Stange und so war es auch für Freunde und Familie leicht, Geschenke für mich zu finden. Ich war froh über neue Kleider, denn aus Shoppengehen machte ich mir wirklich gar nichts.
Heute ist Babykeks zwei Jahre alt und aus einem Grund, der mir immer noch nicht ganz klar ist, achte ich plötzlich darauf, was ich anziehe. Ich habe herausgefunden, dass ich mich in figurbetonten Kleidern sehr wohl fühle und mir sogar Accessoires gekauft. Es macht mir Spaß, mich schick anzuziehen, und ich genieße es, wenn ich gefragt werde, ob ich noch etwas vorhätte, weil ich mich so heraus geputzt hätte.
Ich glaube, diese Veränderung wuchs in mir, genau wie die Mutterrolle in mir aufgekeimt ist. Es dauerte ein wenig, aber dafür fühle ich mich jetzt fest und sicher verankert.
Vom „Schlafanzug“ in die „schönen Kleider“. Vom „Mir“ zum „Mir als ausgeglichene Mama“.