Ich habe zwei Söhne geboren. Die Geburten lagen ungefähr viereinhalb Jahre auseinander. In der Zeit von Geburt eins zu Geburt zwei bin ich in meine Mutterrolle hineingewachsen. Und da ist auch noch etwas mehr in mir herangereift in dieser Zeitspanne…
Immer wieder hört und liest man von der „selbstbestimmten Geburt“. (Ich meine dieses Mal jedoch nicht auf den Geburtsort bezogen, sondern den Ablauf an sich). Je mehr Texte man dazu liest, umso deutlicher wird es, dass die persönliche Definitionen der jeweiligen Autoren stark variieren. Für die eine ist es selbstbestimmend, weil sie sich für einen geplanten Kaiserschnitt entschieden hat, und für eine andere Mutter war es unglaublich wichtig, ihre Duftkerzen und die richtige Musik während der Geburt haben zu können.
Ich habe mir ein paar Gedanken zu diesem Thema gemacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass meine erste Geburt in keiner Weise „selbstbestimmt“ war und dass ich bei der zweiten Geburt zwar viel „selbstbestimmender“ war, aber letztendlich niemals wirklich zur Gänze die Kontrolle hatte, denn sind wir ehrlich:
Die Geburt wird allein vom Baby bestimmt.
Mein großer Wunsch nach einer Wassergeburt wurde mir nicht erfüllt. Zwar lag ich bereits mit Presswehen in der Gebärwanne, doch als die Batterien des CTG-Gerätes leer wurden und die „Profis“ annehmen mussten, dass Babykeks’ Herztöne weg waren, zogen sie mich aus der Wanne, und noch bevor ich wusste, wie mir geschah, lag ich auf dem Rücken, mir wurden die Beine unterstützend gehalten und ich gebar Babykeks genauso, wie ich es mir nicht gewünscht hatte. All meine Selbstbestimmung war in der Sekunde verpufft, als die Batterien ihren Geist aufgaben.
Bitte versteht mich nicht falsch: Natürlich bin ich froh über das beherzte Eingreifen, schließlich hätte es auch tatsächlich das Herz von Babykeks sein können, aber von diesem Moment an wurde ich nur noch angewiesen und funktionierte. Mein Sohn wurde geboren und ich war glücklich, dass alles glimpflich abgelaufen war. Ich hatte ohne Schmerzmittel in sechs Stunden ein gesundes Kind zur Welt gebracht. Zwar nicht wie „vorgestellt“ als Wassergeburt und noch dazu in einer Gebärhaltung, die ich eigentlich kategorisch ausgeschlossen hatte, aber so war es nun mal, und auch wenn ich mich manchmal etwas schweren Herzens daran zurück erinnere – ändern kann ich es nicht mehr.
Manchmal fühlt es sich nach Bevormundung an, aber sind wir ehrlich – ich bin froh, dass ich nicht alleine war und Hilfe bekam.
Bei Baby Nummer zwei wollte ich abermals eine Wassergeburt. Ich war glücklich, dass ich den Kreißsaal mit der großen Wanne ergattern konnte, und dachte mir, dieses Mal wird alles anders: Du wirst dein Kind als Erste in den Armen halten und es dir selbst auf die Brust legen können.
Tja, nur dass Baby so schnell heraus wollte, dass die Wanne nicht einen einzigen Tropfen Wasser gesehen hat und ich dieser Tatsache im Nachhinein keine Träne nachweine. Ich konnte dennoch ganz selbstverständlich wählen, in welcher Position ich meinen Sohn gebären würde und trotz all der heftigen Schmerzen und der Erschöpfung habe ich ganz genau gespürt, wie weit wir waren. Ich konnte als Erste sein Köpfchen in meinen Händen halten und war die erste Person, die ihn im Arm hielt.
Diese einhundertprozentige Selbstbestimmung, die sich offensichtlich sehr viele Frauen wünschen, kann ich so nicht ganz nachvollziehen. Ich war bei beiden Geburten sehr froh über die Unterstützung, und auch wenn ich bei Geburt eins gerade diese eine Gebärposition nicht wollte, so war es im Nachhinein doch die einzige, die dem Team die Möglichkeit gab, meinem Baby und mir einen gesunden Start ins Leben zu ermöglichen. Unter all den Schmerzen ist es tröstlich und haltgebend zu wissen, dass man sich um uns gekümmert hat und mir mein „Traum“ von der Wassergeburt nicht aus Bequemlichkeit oder böser Absicht genommen wurde, sondern weil es die Situation verlangte.
„Selbstbestimmte Geburt“ ist einer dieser Begrifflichkeiten, mit denen ich mir schwer tue. Vergleichbar mit „work-life-balance“. Für jeden haben diese Worte einen anderen Schwerpunkt, jeder hat eine persönliche Meinung dazu…
Ich finde, solange ich nicht zu etwas gezwungen werde, dass ich unter der Geburt nicht möchte und der Bequemlichkeit Anderer dient, sondern einzig dem Schutz der Gesundheit meines Kindes und mir, ist jede Geburt eine selbstbestimmte Geburt.
Eine Sache hat mich meine erste Geburt sogleich gelehrt: Ganz egal, wie viel man plant und vorbereitet, das Baby wird den Takt angeben, von dem Moment der Zeugung bis – tja, keine Ahnung ob sich das jemals ändern wird…
Und Geburt Nummer zwei hat mir auf ganz wunderbare Art verständlich gemacht, dass man den Kern seines Zieles auf vielen Wegen erreichen kann.
Eines haben beide Geburten gemein: Sie haben mich stärker werden lassen. Sie haben mich zur Mutter gemacht und ich selbst bestimme, wie ich daran zurückdenke. Ob als vorgeschriebener Ablauf oder als unplanbares Wunder.
Toll, der stolze Papa, wie er strahlt!
Ich denke auch, dass allein das Baby vorgibt, was wann wie passiert unter der Geburt und man einfach “funktioniert” in diesem Moment und das tut, was das Körpergefühl in der Situation für instinktiv richtig hält. Dass die Batterien gerade in dem Moment aussetzten, ist wirklich ärgerlich rückblickend, aber wie sagt man so schön? “Da steckt man nicht drin”… Ich freue mich, dass du bei der zweiten Geburt deinen Traum ein Stück mehr verwirklichen konntest und die Erste warst, die den kleinen Schatz im Arm halten konnte!
Huhu Vivi,
ich kann nur wiederholen, das ich einfach nur unglaublich froh darüber bin, dass ich zwei gesunde Söhne habe. Alles andere ist mir im Nachhinein doch recht egal geworden 😉
Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass du bei Baby 2.0 auch so viel “Glück” haben wirst und sich alles super fügen wird…
Alles Liebe
Sabrina